. | "Wer zahlt, schafft an" | |||
. | 21.12.1999:
Bio-Patente: Europäisches Patentamt trifft Entscheidung für die Industrie |
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Erteilung von Patenten auf Pflanzen wieder möglich. Landwirte, Verbraucher und Züchter geraten noch mehr in Abhängigkeit der grossen Konzerne. "Das höchste europäische
Patentgericht hat den Weg für die Patentierung von
Früher als erwartet, entschied
gestern die Große Beschwerdekammer in letzter Instanz über eine
offene Kontroverse. 1995 hatte Greenpeace ein Urteil erstritten, nach dem
Patente auf Leben nicht mehr durch eine Uminterpretation des bestehenden
Rechtes möglich sein sollten.
Das EPA begründet seine gestrige Entscheidung mit einer Komplementarität zwischen dem Patent- und dem Sortenschutzgesetz. Patentierbar soll nur sein, was nicht durch das Sorten- schutzgesetz abgedeckt ist. Das Sortenschutzgesetz gilt aber nur für Pflanzen. Damit hat das Patentamt einen Unterschied in der Rechtslage zwischen Pflanzen und Tieren geschaffen. Wie wird das EPA mit dem Unterschied in Zukunft umgehen? Diese Entscheidung hebt gleichzeitig
den Widerspruch zwischen dem Haupttext des
Außerdem wird durch die gestrige Entscheidung der Abstand zwischen den beiden Rechtssystemen verringert. Seit dem Sommer 1998 gibt es auf europäischer Ebene - und zwar ausschließlich für die Patentierung von Leben - ein zweites System, nämlich die EU-"Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen". Sie muß bis zum 30. Juli 2000 von allen EU-Staaten in nationales Recht umgewandelt werden. In dieser Richtlinie ist die bisherige scharfe Unterscheidung zwischen Erfindung und Entdeckung teilweise aufgehoben. Eine Aufweichung dieser Trennung ist auch im Neuerlaß vom Juni 1999 erkennbar. Es ist empörend, wie einseitig das Europäische Patentamt den Interessen der Industrie Rechnung trägt und damit die Gegenargumente einer sehr großen Zahl von Bürgern übergeht. Die Einwände gegen eine Patentierung von Leben (und dazu gehören auch menschliche Organe, Gewebe, Zellen oder Gene) umfassen ein sehr weites Spektrum: ethische Bedenken, Fragen der Menschenrechte, des Tierschutzes, Einwände aus sozialen, wirtschaftspolitischen und auch rein juristischen Gründen. Auch die Frage nach der demokratischen Legitimierung der Patentämter muß gestellt werden, denn bei dieser Einrichtung befinden sich entgegen allen Grundsätzen der Demokratie Gesetzgebung, Urteilsfindung und Berufungsentscheidung unter einem Dach und unter der Leitung ein und desselben Präsidenten. Demokratie ist einem Ausgleich der Interessen in einer Gesellschaft verpflichtet. Das Patentamt dagegen praktiziert eine reine Interessenvertretung der Industrie. Schließlich ist die Industrrie der Haupt-Geldgeber für das Patentamt, es finanziert sich nämlich aus den anfallenden Gebühren, die hauptsächlich von der Industrie kommen. Wer zahlt, schafft an. Zu dieser Parteinahme und der daraus resultieren Haltung gegenüber der Bevölkerung gehören auch zahlreiche Formulierungen in den Gesetzestexten, die nur als Augenwischerei bezeichnet werden können. z.B. steht im neuen Text vom Juni 1999 - eigentlich unmissverständlich -: von der Patentierbarkeit ausgenommen seien "der menschliche Körper und seine Bestandteile." Dürfen also keine menschlichen Blutzellen patentiert werden und keine menschlichen Gene? Weit gefehlt, denn im nächsten Abschnitt heißt es weiter: "Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil einschliesslich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens kann eine patentierbare Erfindung sein." Es wird nicht einmal verlangt, daß das technische Verfahren für die Gewinnung eines solchen Bestandteils neu sein müsse. Das bedeutet, Blut ist nicht patentierbar, solange es in den Adern fließt. Wird es aber mit einer herkömmlichen Kanüle entnommen, verwandelt es sich in dem Moment in eine patentierbare Sache. Entsprechendes gilt für Gene. Solche Passagen werden von Patentamt und Industrie zu Werbezwecken sinnentstellend verwendet. Der erste Teil wird zitiert, um zu belegen, daß die Argumente der Gegner unbegründet seien und der zweite Teil bleibt unerwähnt, ist aber der für die Praxis relevante Teil. Den Gegnern wirft man bewußtes Fehlinformieren der Bevölkerung vor. Mit dem Brustton der Überzeugung wird der Eindruck erweckt, es sei alles verantwortungsbewußt und nach demokratischen Prinzipien geregelt und alle anderen Äußerungen hierzu seien reine Panikmache. In den Medien kommen Patentamt, Industrie und Wissenschaft ausführlich zu Wort, bei den Gegnern heißt es: "Bitte einen Zwanzig-Sekunden-Satz." Mit der Entscheidung ist ein weiterer Schritt getan zu einer Inbesitznahme der belebten Natur zu Produktionszwecken. Den Gegnern wird oft vorgehalten, der Mensch hätte schon seit Jahrtausenden Tiere und Pflanzen besessen. Dieses Argument trifft aber nicht den Punkt. Noch nie hat es Besitzansprüche von lebender Natur in einer solchen Form mit so weitreichenden potentiellen Ausmaßen gegeben. Es geht nicht um einzelne Tiere und Pflanzen, sondern um deren Baupläne. Baupläne, von der Natur geschaffen und vom Menschen nur marginal verändert, sind nach wie vor überwiegend ein Stück Natur und nicht menschliche Erfindung. Die Besitzansprüche richten sich auf Baupläne (genetische Konstitutionen), das bedeutet, auf alle Tiere oder Pflanzen mit solchen Genen, einschließlich der folgenden Generationen bis zum Auslaufen des Patentes. Das hat es noch nie gegeben. Linde Peters
+++ Rechnung ohne
die Verbraucher gemacht
Der Boden für die Aussaat gentechnisch veränderter Keime ist bereitet, das höchste europäische Patentgericht hat gründliche Arbeit geleistet. (...) Das Patent auf krankheitsresistente Pflanzen kann viele Sorten umfassen, ja sogar das Produkt aus einer Pflanze - und jedesmal werden Lizenzgebühren fällig. Der Segen solcher Gentechnik scheint nur den Konzernen zu gehören, die dafür sorgen, daß die Abhängigkeiten von Dauer sind. Sie erschaffen steriles Getreide, aus dem die Bauern kein Saatgut gewinnen können, sondern neues kaufen müssen. Die Konzerne aber haben ihre
Rechnung ohne die Verbraucher gemacht. Es wächst in Europa und in
den USA die Zahl der Gegner einer Technik, deren Gefahren für Gesundheit
und Umwelt noch nicht einzuschätzen sind. Der Konzern Monsanto ist
in Schwierigkeiten geraten, da das Monopol-Geschäft nicht so gut läuft
wie geplant. Farmer steigen aus, weil sie fürchten, die Gen-Ernte
nicht verkaufen zu können. Verbände klagen, weil Gesundheitsrisiken
von Gen-Mais und Gen-Soja nicht sorgfältig untersucht worden seien.
Und Europa wird zurückhaltender als bisher. Die EU-Umweltminister
beschlossen im Juni eine Art Moratorium für die Zulassung transgener
Pflanzen, bis eine neue Richtlinie verabschiedet ist, die Gesundheits-
und Umweltschutz in den Vordergrund stellen soll. Italien und Griechenland
gehen in ihrer Skepsis soweit, daß sie gegen die EU-Richtlinie Einspruch
beim Europäischen Gerichtshof erhoben.
Heidrung Graupner
in der SZ vom 22.12.99 Gen-Firma garantiert ihren Arbeitern genfreies Essen Die Londoner Niederlassung des Monsanto-Konzerns garantiert den Mitarbeitern, daß ihnen keine Gerichte unter Verwendung von Gen-Mais oder Gen-Soja vorgesetzt werden. Monsanto gehört zu den Vorreitern bei der Entwicklung von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln. Quelle: FR v. 23.12.99 .
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. | .1 dpa-Meldung vom 20.12.99 |