(1926-1984) "In Wahnsinn und Gesellschaft habe ich umreißen wollen, was man zu einer gegebenen Zeit von der Geisteskrankheit wissen konnte... Untersucht werden mußte, wie die Irren erkannt, beiseite geschafft, aus der Gesellschaft ausgeschlossen, interniert und behandelt werden konnten; welche Institutionen dazu ausersehen waren, sie aufzunehmen und einzuschließen, manchmal sogar zu betreuen; welche Instanzen über ihre Verrücktheit entschieden und nach welchen Kriterien welche Methoden angewendet wurden, um sie zu zwingen, zu bestrafen oder zu heilen; kurz, in welchem Netz von Institutionen und Praktiken sich der Irre miteins erfaßt und definiert sah."1
"Aufgabe der Anti-Psychiatrie
ist es daher dem Kranken selbst die Macht zu übertragen, seinen Wahnsinn
und die Wahrheit seines Wahnsinns zu produzieren...
Foucault, Michel
Foucaults Gesamtwerk ist eine Geschichte der Zivilisation, wobei F.
die Entwicklung gesellschaftlicher »Diskurse« und die mit ihnen
einhergehenden Macht-, Ausgrenzungs- und Disziplinierungstechniken in den
Vordergrund seiner »Archäologie« genannten Untersuchungen
stellte. Ideologien, gesellschaftliches Bewußtsein, Institutionen,
Anschauungen sowie Einstellungen werden als sprachähnliche Systeme
gesehen und dargestellt. In seiner Dissertation »Wahnsinn und Gesellschaft.
Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft« (1961, dt. 1969)
ging F. zunächst der Genese des Begriffs Wahnsinn nach, der ursprünglich
eine mystische Entrückung meinte, im Zuge der Aufklärung aber
als Instrument zur Ausgrenzung der als nicht normal angesehenen Individuen
diente. Unter diesem Aspekt der Eigendefinition der Gesellschaft untersuchte
F. auch die Entwicklung der Medizin, des Strafvollzugs und »Die Geschichte
der Sexualität« (1976-84). In diesem auf sechs Bände angelegten,
aber mit drei Büchern Fragment gebliebenen Werk analysierte F. die
modernen Machtsysteme, die sich durch die Sexualität und in ihr manifestieren.
Im Gegensatz zu den handfesten Formen der Machtausübung in der Antike
und im mittelalterlichen Abendland stellte F. eine seit dem 18. Jh. datierende
Herrschaftsform fest, die ihre Repression mehr über die Regulierung
und Kontrolle der physischen und vor allem psychischen Kräfte des
Individuums ausübt. 3
1962-68: Prof. an der Univ. Clermont-Ferrand.
1976: »Der Wille zum Wissen« (Bd. 1 der »Geschichte
der Sexualität», dt. 1977).
Quellen-Angaben:
1 Michel Foucault, Titres
et travaux. Broschüre zur Kandidatur am College de France, Paris 1969,
S.4-6 zurück
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